· 

„99 Nächte in Logar“ von Jamil Jan Kochai


[ Werbung. ]

Klappentext

„Logar, Afghanistan, im Jahr 2005: Der 12-jährige Marwand kehrt mit seiner Familie für einen Sommer aus den USA in seine Heimat zurück. Doch wie "Heimat" fühlt sich das Dorf ohne McDonald's, dafür mit merkwürdigen Bräuchen und noch merkwürdigerer Sprache, überhaupt nicht an. Und dann beißt ihm gleich am ersten Tag Budabasch, der dreibeinige Wachhund des Dorfes, eine Fingerspitze ab und verschwindet in den Weiten des Hindukuschs. Für Marwand und seine Freunde beginnt eine abenteuerliche Jagd durch ein kriegsversehrtes Land. Eine wilde und märchenhafte Suche in 99 Nächten nach dem eigenen Platz zwischen den Kulturen.“

 

 

Meinung

Ich habe mich sehr gefreut, dass ich literarisch nach Afghanistan reisen darf! Wenn ich mich recht entsinne, ist das sogar mein erstes Mal in diesem Land. Umso größer war die Freude. Unsere gemeinsame Reise beginnt also mit der Suche nach einem Hund namens Budabasch, der unserem Protagonisten eine Fingerspitze abgebissen hat. 

 

Marwand, unsere 12-jährige Hauptfigur, aus dessen Sicht die Geschichte auch erzählt wird, geht mit seinen Freunden auf die Jagd. Und was wir alles erleben dürfen mit Marwand, Zia, Gul und den anderen Kindern! Mal ist es tieftraurig, mal ist es aberwitzig. Eine Gemeinsamkeit hat aber das ganze Buch: Alles fühlte sich sehr überspitzt an. Nicht nur die Begebenheiten, sondern auch die Figuren. Das machte das Ganze aber sehr authentisch, da aus Kindersicht ja vieles recht maßlos erscheint. 

 

Anfangs hatte ich ein bisschen Schwierigkeiten, da es unglaublich viele Figuren gibt und gefühlt auch immer mehr dazu kamen. Nach einiger Zeit war es aber nicht mehr schlimm, man selbst fügte sich in die Geschichte hinein. Jamil Jan Kochai hat eine wunderbare Sprache und eine tolle Fähigkeiten, Geschichten in Geschichten zu erzählen. Viele der Charaktere im Buch erzählen den Kindern Geschichten, kleine Märchen und als Leserin wusste ich nie so recht, ob es nun Wahrheit oder Fiktion ist. 

 

 ⟫

 

Weil Gwora, es ist okay, eine Geschichte etwas zu ändern, 

wenn du sie besser machen kannst. Und Helden und Liebe, 

die machen immer alles besser. 

Aber ohne, ich meine, was bringt das?“ 

Zitat Seite 88


 

 

Was ich sehr, sehr geliebt habe, war vom Zusammenhalt der Familie und Freunde zu lesen. Ob jung oder alt, jeder kümmert sich um jeden. Eine wundervolle Gemeinschaft. Wenn Fremde zu Familienmitglieder werden, ist es immer eine Feier wert.

Da der Roman aus der Sicht des 12-jährigen Marwand geschrieben wurde, empfand ich die Kriegsbeschreibungen tatsächlich wunderschön. Kindlich, aber wie beispielsweise die Bomben beschrieben wurden - das war diese Momente voller kindlicher Einfachheit, die mein Herz hat aufblühen lassen. 

 

Leider habe ich aber auch Kritikpunkte, die ich nicht unerwähnt lassen möchte. Zuerst wäre eine Triggerwarnung nicht schlecht gewesen - Tierquälerei. Es gibt zwei, drei Stellen im Buch, die mein Herz für Tiere hat bluten lassen.

Außerdem fand ich es unglaublich schade, dass die Geschichte in der Mitte und zum Ende hin langatmig wurde. Hier wurde meiner Meinung nach schon zu viel erzählt, zu viele Geschichten auf einem Haufen. Die Spannung flaute ab… Weniger ist manchmal mehr. 

 

Kleiner Tipp: Am Ende des Buchs befindet sich ein kleines Glossar. Zu meinem Glück, denn ich habe noch nie von Attan, Dschirga oder Kalimāt gehört. Schande über mein Haupt, aber so bin ich auch ein wenig schlauer aus Logar abgereist.

 

 

Fazit

Leider hat „99 Nächte in Logar“ ein paar Schwächen gehabt. Davon mal abgesehen, war es eine tolle und witzige Reise mit Kindern durch ihre Stadt Logar. Es wird von Heimat, Familie und Krieg geschrieben. Ich vergebe sehr gute 3 Sterne. ⭐️ ⭐️ ⭐️

 


 

 99 Nights in Logar

übersetzt von Werner Löcher-Lawrence

btb-Verlag

12,00€

320 Seiten

Paperback

978-3-442-77045-8

erschienen am 11. Januar 2021