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„(K)eine Mutter“ von Jeanne Diesteldorf


[ Werbung, selbstgekauft. ]

Klappentext

"Im Durchschnitt entscheidet sich jede vierte Frau einmal im Leben dafür, eine Schwangerschaft abzubrechen, und doch spricht kaum eine Betroffene darüber, weder öffentlich, noch im Privaten. So bestimmen aggressiv geführte Debatten und eine unklare rechtliche Situation den gesellschaftlichen Umgang mit einem höchst persönlichen Thema. »(K)eine Mutter« erzählt die Geschichten von zwölf Frauen, die abgetrieben haben. Das Buch gibt ihnen Raum, zu berichten: Von den Umständen der Schwangerschaft, dem Grübeln und der schwierigen Suche nach Informationen und medizinischer Versorgung. Vom Moment der Entscheidung und davon, wie die Abtreibung ihre Beziehung zu sich selbst und zu ihrem Umfeld veränderte. Es sind Geschichten von Schmerz und Verzweiflung, von Selbstbehauptung und von Befreiung. Jeanne Diesteldorf hat abgetrieben und jahrelang darüber geschwiegen. Ihr außergewöhnliches Buch ist ein entschiedenes Plädoyer für das Recht am eigenen Körper."

 

 

Meinung

Die Publizistin Jeanne Diesteldorf hat mit „(K)eine Mutter“ ihr erstes Buch veröffentlicht. Im Rahmen dieses Buchs interviewt sie zwölf Frauen, die ihre Geschichte erzählen: Geschichten von Schwangerschaftsabbrüchen, oder auch Abtreibungen (dieses Wort nutze ich selbst aber sehr ungern, weil es sich so brutal und abscheulich anhört).

 

Mein größter Kritikpunkt ist aber, dass mir bei diesen zwölf Frauen eins aufgefallen ist: sie sind nicht divers. Sie sind alle weiß, studiert, wohnen in Berlin und München - hier wird einzig und allein die „weiße Oberschicht“ repräsentiert, die alle genügend Geld für einen Abbruch hatten. Das ist mir persönlich ein bisschen zu eintönig, denn es passieren in allen Schichten Abbrüche und auch bei Tante Ursel von der Supermarktkasse oder bei Hatice von nebenan - oder wie wäre es mal mit einem trans Mann? Ein bisschen weniger in der eigenen bubble zu recherchieren, hätte der Wichtigkeit und Aussagekraft des Buchs nicht geschadet.

 

Und dennoch muss ich wegen des Themas Willen eine Empfehlung aussprechen:

Jeanne Diesteldorf schreibt zu einem Thema, welches wir in der Gesellschaft leider noch mit der Hand vor dem Mund besprechen. Wieso eigentlich? Wieso sind Abbrüche nach wie vor ein Tabuthema? Warum werden Frauen immer noch ihre Rechte über den eigenen Körper abgesprochen? Denn so fühlt es sich an, wenn man einen Abbruch hinter sich gebracht hat oder vor dieser Entscheidung steht.

Das kann ich schreiben, ich MUSS es schreiben, denn ich war mal selbst in dieser Situation. Ich musste durch den erniedrigenden Prozess, musste drei lange Tage warten - drei Tage Bedenkzeit muss man einhalten, denn man könnte in drei Tagen ja schon ganz anders denken über den Fötus, der im Uterus wächst. Aber diesen Fötus wollte ich nicht und die Entscheidung über meinen Abbruch bereue ich bis heute nicht. Also hört auch bitte damit auf, Frauen mit diesem Gedanken einreden zu wollen, sie würden den Abbruch irgendwann bereuen. Es geht niemanden etwas an - my body, my choice. Schwangerschaftsabbrüche sind eine extrem persönliche und individuelle Entscheidung - und das sollte, nein, es MUSS respektiert und auch akzeptiert werden.

 

„(K)eine Mutter“ ist ein gutes Buch, ein sehr wichtiges Buch. Hoffentlich werden noch sehr viel mehr Menschen dieses Buch lesen, über die zwölf Geschichten der Frauen. Hoffentlich können wir irgendwann frei sein in unseren Entscheidungen, frei entscheiden über unsere Körper. Hoffentlich können wir irgendwann frei über Abbrüche sprechen, müssen uns nicht mehr verstecken, müssen uns nicht mehr erklären (müssen). 💔

 


 

KiWi Verlag

14€ ⎥ 240 Seiten ⎥ Paperback

erschienen am 04. November 2021