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„Wir brauchen neue Namen“ von NoViolet Bulawayo


Klappentext

„Die zehnjährige Darling lebt in der Blechhüttensiedlung Paradise: für alle anderen ein Scherbenhaufen aus zerbrochenen Träumen, für Darling und ihre Freund ein Flecken roter Erde voller Abenteuer. Denn hier lassen einen die Großen in Ruhe, die Entwicklungshelfer verschenken tolles Spielzeug, und nirgendwo in Afrika kann man besser Guaven klauen…“

 

Meinung

Ich glaube, ich habe schon sehr lange nicht mehr einen so scharfsinnig beobachteten, aus der Sicht eines Kindes geschriebenen Roman gelesen! Es war mir eine Freude, aber gleichzeitig hat es mich zutiefst erschreckt. 

 

Wir begleiten die zehnjährige Darling und ihre Freunde, alle ungefähr im selben Alter, und wie sie ihren Alltag in der Blechhüttensiedlung mit dem ironischen Namen Paradise bewerkstelligen. Aber ist der Name Paradise wirklich so ironisch? Anfangs dachte ich es. Dann wurde mir aber im Laufe der Lektüre immer bewusster, dass das Dorf und die Siedlung das ganze Zuhause der Kinder ist. Es ist ihre ganze Welt. Dort sind sie aufgewachsen, dort leben sie, dort spielen sie ihre ausgedachten Spiele und dort klauen sie sich ihre Guaven. 

 

Der Roman wird aus der Sicht von Darling geschrieben. Die Sprache berührte mich sehr: Sie war so unglaublich ehrlich und so erschreckend real… Da Darling erst zehn ist, kommt die Sprache recht kindlich und naiv daher. Als Leser wurde ich aber immer und immer wieder überrascht, wie unglaublich scharfsinnig und klug die kleine Darling ihre Begegnungen und ihre Erlebnisse beobachtet und schildert. Das Mädchen ist definitiv nicht dumm. Aber vieles, was sie sieht und erfährt, übersteigt schlichtweg ihren Horizont, sie versteht es einfach noch nicht. 

Wie kann man einer Zehnjährigen erklären, dass ihre jüngere Freundin vergewaltigt wurde und nun schwanger ist? Wie kann man einem Kind erklären, warum dort im Busch eine tote Frau hängt? Wie soll man Aids, Tod, Hunger und Armut erklären?

 

Und dann kommt Darling nach Amerika. Ein großer Bruch in ihrem Leben. Sie verlässt ihr Zuhause, ihre Freunde, ihre strenge Mutter. Wird sie in Amerika ein besseres Leben führen können? Oder hat Darling ihr tatsächliches Paradies gegen einen wahren Alptraum eingetauscht? 

 

In „Wir brauchen neue Namen“ werden viele überaus wichtige Themen angesprochen. Ganz besonders herausgestochen haben Identität und Integration. Darling setzt ihre ganzen Hoffnungen in das neue, große Land namens Amerika, doch als sie ankommt, lebt sie zwischen zwei Welten. Wie kommt sie zurecht als Immigrantin in einem neuen, fremden Land?

 

Fazit

Ein beeindruckender Roman über wichtige Themen wie Hunger, Krankheit, Jugendkriminalität,  Integration. „Wir brauchen neue Namen“ besticht durch eine enorme Authentizität durch autobiografische Einflüsse der Autorin, es steckt viel Wahrheit zwischen den Buchdeckeln und ist genau deshalb so erschreckend real. Der Debütroman von NoViolet Bulawayo verdient volle fünf Sterne! ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️

 


 

We Need New Names

übersetzt von Miriam Mandelkow 

Suhrkamp Taschenbuch

978-3-518-46651-3

9,99€

264 Seiten

erschienen am 08. Februar 2016