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„Dankbarkeiten“ von Delphine de Vigan


Klappentext

„Michka, die stets ein unabhängiges Leben geführt hat, muss feststellen, dass sie nicht mehr allein leben kann. Geplagt von Albträumen glaubt sie ständig, wichtige Dinge zu verlieren. Tatsächlich verliert sie nach und nach Wörter, findet die richtigen nicht mehr und ersetzt sie durch ähnlich klingende. Die junge Marie, um die Michka sich oft gekümmert hat, bringt sie in einem Seniorenheim unter. Der alten Frau fällt es schwer, sich in der neuen Ordnung einzufinden. In hellen Momenten leidet sie unter dem Verlust ihrer Selbstständigkeit. Doch was Michka am meisten beschäftigt, ist die bisher vergebliche Suche nach einem Ehepaar, dem sie ihr Leben zu verdanken hat. Daher gibt Marie erneut eine Suchanzeige auf, und Michka hofft, ihre tiefe Dankbarkeit endlich übermitteln zu können.“

 

Meinung

Das ist tatsächlich mein erstes Buch von Delphine de Vigan und ich fragte mich, nachdem ich „Dankbarkeiten“ beendet hatte, warum ich so lange nichts von der Autorin gelesen habe. Ich bereue es sehr! Delphine de Vigan kann unglaublich gut mit Worten umgehen.

 

Die französische Autorin beschreibt sehr feinfühlig die letzten Monate von Michka, einer alten Dame, die nicht mehr alleine für sich sorgen kann und deshalb in ein Seniorenheim kommt. Es fällt ihr schwer, loszulassen - sie war mal so stark, eine so unglaublich toughe Frau! Ihr langsamer Zerfall macht ihr deswegen umso mehr zu schaffen. Aber sie kann ihren Alltag nicht mehr alleine bewerkstelligen… 

Michka’s Stärke kommt in einigen lichten Augenblicken wieder zum Vorschein. Da sie dement ist, verliert sie Wörter, nachts in ihren Alpträumen, ein verlorenes Wort wird einfach durch ein anderes ersetzt oder komplett weggelassen. Sie ist wegen ihrer Krankheit oft sehr verwirrt. Aber ich spürte immer auch ihre Zärtlichkeit, ihre Zerbrechlichkeit… 

 

Marie, eine langjährige Freundin, steht Michka immer zur Seite. Irgendwann konnte Marie aber auch nicht mehr für Michka im Alltag sorgen. Sie hat ihr das Seniorenheim vorgeschlagen. Wie ihre ungewöhnliche Freundschaft entstand, ist gleichermaßen traurig wie schön.

Jérôme, der Logopäde, der Michka im Seniorenheim betreut, wird ebenfalls zu einem Freund. Er hilft Michka ungemein weiter, als er sich auf die Suche nach der Familie macht, die sie während des Zweiten Weltkriegs aufnimmt.

Kann Michka dieses dunkle Kapitel in ihrem Leben endlich abschließen? Kann sie vom Leben loslassen, nachdem sie all ihre Dankbarkeiten ausgesprochen hat? Kann sie endlich Ruhe finden?

 

Manchmal muss man sich der Leere stellen, die der Verlust hinterlassen hat.

Auf Ablenkungen verzichten. Akzeptieren, dass nichts mehr zu sagen ist.

Zitat, eBook

 

„Dankbarkeiten“ ist sehr emotional, aber auch unglaublich bedrückend… Michka’s Geschichte wird unglaublich feinfühlig und eindrücklich erzählt. Mir schwammen ganz oft Tränen in den Augen. Das Buch hat eine großartige Botschaft: Dankbarkeit, Zuneigung und Verständnis aufbringen für die Menschen, die uns zu dem gemacht haben, was wir sind.

 

Fazit

Delphine de Vigan hat ein wunderschönes, trauriges Buch geschrieben, mit einer sehr wertvollen Botschaft. Es wird nicht mein letztes Buch der Autorin gewesen sein. „Dankbarkeiten“ verdient volle fünf Sterne! ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️


 

Les gratitudes

Roman

DuMont Buchverlag

übersetzt von Doris Heinemann

978-3-8321-8495-7

eBook

14,99 €

176 Seiten

erschienen am 10. März 2020

 

 

Vielen Dank an DuMont Buchverlag und NetGalley für das Rezensionsexemplar!