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„Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara


Klappentext

„Jude, JB, Willem und Malcolm: Vier New Yorker, die sich am College kennengelernt haben. Jude St. Francis, brillant und enigmatisch, ist die charismatische Figur im Zentrum der Gruppe – ein aufopfernd liebender und zugleich innerlich zerbrochener Mensch. Immer tiefer werden die Freunde in Judes dunkle, schmerzhafte Welt hineingesogen, deren Ungeheuer nach und nach hervortreten. „Ein wenig Leben“ ist ein rauschhaftes, mit kaum fasslicher Dringlichkeit erzähltes Epos über Trauma, menschliche Güte und Freundschaft als wahre Liebe.“

 

Meinung

Als das Buch Ende des Jahres 2018 im deutschen Handel erschienen ist, wusste ich nicht genau, ob ich es lesen möchte. Viele positive Stimmen habe ich gelesen, aber auch sehr viel negative Kritiken kursierten im Internet und in der Blogger-Welt. 

Zum Glück habe ich an Weihnachten 2019 an einer tollen Buchwichtelgeschenkaktion mitgemacht und „Ein wenig Leben“ als Wichtelbuch erhalten! An dieser Stelle nochmal tausend Dank an meine gute Wichtelfee Meike: Ich bin dir unendlich dankbar für dieses Buch!

 

Jetzt sitze ich hier und weiß nicht, wo ich anfangen soll diese Rezension zu schreiben. Alles, was ich schreibe, fühlt sich irgendwie nicht richtig an, meine Worte werden diesem grandiosen Stück Literatur nicht gerecht… Wie kann ich meine Liebe zu diesem Buch in Worte fassen? Ist das überhaupt möglich? Wahrscheinlich werde ich nie die richtigen Worte und Sätze finden, um diesen Roman zu beschreiben. 

 

Hanya Yanagihara hat mich in eine Welt katapultiert, die voller Freundschaft und Liebe ist - in dieser Welt haben Leid und Schmerz aber noch viel mehr Platz. Das Leid und die Qualen des Protagonisten Jude St. Francis sind so schmerzvoll, ich habe auf jeder Seite mit ihm gelitten und seinen Schmerz förmlich gespürt. Dabei ist der wunderschöne poetische Schreib- und Erzählstil ein krasser Kontrast zum Inhalt. Die poetische Sprache macht die Geschichte von Jude ein wenig erträglicher… 

„Ein wenig Leben“ ist ein eindrucksvoller Roman über so viel mehr, als der Klappentext aussagt.  Es ist ein beeindruckendes, sehr klug konstruiertes Epos. Dabei geht es nicht nur um die lebenslange Freundschaft von vier Männern. Es geht um Liebe und Leid, Sexualität und Scham, Kindheit, Vergangenheit, Gegenwart, Erwachsen- und Älterwerden, Verzeihen. Aber vor allem geht es um die Frage, wie viel Leid ein Mensch ertragen kann.

 

 

Er lief ans Meer, und der Mond verschwand, wurde von ausgefransten Wolkenfetzen verborgen, und eine Zeit lang konnte er das Wasser nur hören, nicht sehen, und der Himmel war schwer und

warm vor Feuchtigkeit, so als wäre die Luft selbst hier dichter, bedeutender.

Vielleicht fühlte es sich so an, tot zu sein, dachte er und fand, es sei gar nicht so schlecht,

und fühlte sich etwas besser.

Zitat S. 73

 

Jude St. Francis, dieser introvertierte und höchst sensible Mann, hat ein so trauriges und bemerkenswertes Leben hinter sich. Er ist sehr in sich gekehrt und wirkt geheimnisvoll. Ich sah ihn mit einer faszinierenden Aura. Im Laufe der Geschichte verstand ich ihn mehr und mehr - warum er so verschlossen ist, warum er fast nichts von sich preis gibt. Und trotzdem wird der Leser vollkommen und absolut in sein Leben hineingezogen. Es hat mich nicht mehr losgelassen, ich war im Sog von Jude gefangen. Ich wollte dort aber nicht mehr raus.

Dann sind da noch Willem, Malcolm und JB. Es sind die Freunde, die Jude am längsten kennt, mit denen er durch dick und dünn geht. Sie alle sind mir im Laufe der 960 Seiten sehr ans Herz gewachsen - der eine mehr als der andere, aber am Ende vermisste ich sie alle. Und ich vermisse sie auch jetzt noch.

 

Am Ende habe ich geweint, wie ich schon lange nicht mehr geweint habe… „Ein wenig Leben“ hallt sehr lange nach, es wird noch ewig in meinem Gedächtnis bleiben und definitiv nicht in Vergessenheit geraten. Ich möchte die Geschichte nicht loslassen.

 

Fazit

Was für ein Herzensbuch! „Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara ist zutiefst traurig, es hat mich mitten ins Herz getroffen, es hat mich extrem berührt. Die Gefühle, die Emotionen, die Freundschaft zwischen den Männern, die Liebe und der Schmerz - es ist grandios! Ich vergebe volle 5 Sterne! ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️


 

A Little Life

Roman

Piper Verlag

übersetzt von Stephan Kleiner

978-3-492-30870-0

16,00 €

960 Seiten

Taschenbuch

erschienen am 04. September 2018