[Werbung, selbstgekauft.]
„Zwei Sekunden brennende Luft“ von Diaty Diallo war das von mir meist unterschätzte Buch im Oktober. Die Geschichte knallt dir voll eine ins Gesicht und tut höllisch weh. Entdeckungscredits gehen an die beste Meike @quinnquelle!
Abwechselnd aus der Ich- und der allwissenden Erzählperspektive begleiten wir Astor, Chérif, Samy und weitere Jugendliche im doch eher trostlos wirkenden Banlieue in Paris. Ihre Leben sind aber alles andere als trostlos: der eine interessiert sich für Pflanzen und macht sein Hobby zum Beruf des Landschaftsgärtners, der andere studiert Jura - man möchte fast meinen, die Figuren möchten ein spießiges Leben führen. Es könnte alles schön sein, wenn da nicht die rassistischen Kontrollen der Polizei wären, die Angriffe der Polizei, der Spot und die Häme… Dass die Polizeigewalt in vielen Teilen Frankreichs ein großes Problem ist, muss ich an dieser Stelle wohl nicht betonen. Aber genau dieser Umstand wird am Anfang von „Zwei Sekunden brennende Luft“ zu einem grausamen Akt der Gewalt.
In mal poetisch geschriebenen Kapiteln wechselt sich die Autorin mit teils derber Jugendsprache ab, was aber absolut zum Alter der Figuren passt, für die Sprache ich aber wohl manchmal schon zu alt bin - nevermind, denn gerade die Kunst der Sprache ist hier fantastisch ausgearbeitet. Das war wahrscheinlich auch für die Übersetzungsarbeit von Nouria Behloul und Lena Müller nicht immer einfach, könnte ich mir vorstellen! (Übrigens gibt’s Playlists am Ende des Buchs - sowohl von der Autorin als auch von den beiden Übersetzerinnen.)
Ich möchte nicht anmaßend sein und sagen, dass ich die Umstände nachempfinden kann, mit denen die Figuren aus dem Roman zu kämpfen haben. Die Autorin Diaty Diallo schreibt aber so unfassbar authentisch, dass ich die Angst und die Wut verstehen kann. Dafür bin ich der Literatur so dankbar!
Anfangs dachte ich, das wird so brutal wie der Film „Athena“. Das war es am Anfang auch, aber der Hass gewinnt nicht, niemals. So auch nicht in diesem Buch - Gott sei Dank.
Und an dieser Stelle wirklich etwas seltenes von mir: ein Filmtipp! Wenn ihr es aushalten könnt, schaut euch unbedingt „Athena“ auf Netflix an. Ein grausamer, gewaltvoller Film, der sich aber durchaus lohnt. Sowohl die Bilder als auch Musik überzeugten mich auf ganzer Linie!
„Zwei Sekunden brennende Luft“ von Diaty Diallo
Aus dem Französischen von Nouria Behloul und Lena Müller
erschienen im August 2023 | 192 Seiten | Paperback | 20,00 €